ÜBER DIE REGISSEURIN SUSANN NEUENFELDT
Susann Neuenfeldt, geboren 1974 in Schwedt/Oder, hat das Theater als eine Art Zuhause in Umbruchzeiten erfahren. Als einen Ort, an dem der Umbruch zu Hause war.
Nach ersten Theatererfahrungen 88/89 in Schwedt, nach Assistenzen an Volksbühne, Gorki, Ballhaus Ost und vielen anderen Häusern inszenierte sie 2009 ihr erstes Stück FILIZID am Haus der Kulturen der Welt und wurde Hausregie der Theaterkapelle in Berlin Friedrichshain. Über 20 weitere Inszenierungen und Stückentwicklungen folgten, u.a. im AckerStadtPalast, den Sophiensaelen und den Uckermärkischen Bühnen Schwedt.
Susann Neuenfeldt ist ein Kind des kalten Krieges, als ewige Blöcke das Morgen prägten. Susann Neuenfeldt: „Sie sind noch da, diese Blöcke, nur anders, und sie bilden jeden Tag neue Blockaden und Geröll. Ihre Kraft ist stärker als das Bedürfnis nach Ruhe, das ein bürgerliches Bedürfnis ist. In dem kann ich mich nicht einrichten.“ Mit uckermärkischem Dickkopf und ostdeutschem Humor setzt sie Held*innen des Verlorenen zeitgemäße Denkmäler. „Nichts ist stärker als die Liebe zum Unterdrücker, bis man selber einer geworden ist“, sagt sie. Dialektik kann man in ihren Stücken spüren.
Theater ist keine Demokratie. Susann Neuenfeldts Theater baut eine warme Diktatur, die Vertrauen und Offenheit gibt und braucht. Sie ist ein Despot, der genau hinsieht und moderiert. Sie inszeniert Stoffe und Körper als Geheimnisträger und in ihrer unverwechselbaren und fragilen Komik. Ihr Theater braucht starke Bilder und Formalismus, damit Gefühle darin Platz finden. Genregrenzen und Klassiker interessieren sie weniger, als Stimmungen, Geschwindigkeiten und Herztöne. Ihre Theaterformate sind politisch, aber Theater ist keine Politik.
Susann Neuenfeldt: „Theater ist immer größer und schöner und berauschender als sein politischer Kern. Theater ist das was passiert, wenn die Regiezügel nicht mehr greifen, wenn der Moment, der Vorgang, die Energie selbst die Regie übernehmen. Das ist der brutale Zauber von Theater. Da will ich hin, ins Schonungslose, in das was zerrüttet.“
Dafür arbeitet sie mit großer Genauigkeit, strenger Pragmatik und gut dosierten Proben. Ihre Theaterarbeit will keine Zeit verschwenden, für nichts und niemanden. Sie will nicht entsorgen, denn es ist die Sorge, die bleibt in den schlaflosen Nächten beim Inszenieren. Die Sorge um das Material, die Unversehrtheit der Schauspielerinnen, die Einhaltung der Cues. Angst und Schuld verweilen nicht lange in ihrem Theater.